Die Auflösung der BAG stellt dem Grunde nach eine Betriebsaufgabe dar. In einem solchen Fall sind grundsätzlich alle in der Praxis vorhandenen stillen Reserven aufzudecken und zu versteuern. Einen Ausweg aus einem solchem Dilemma kann die sogenannte Realteilung bieten.
Die Gründe für die Beendigung einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) sind vielfältig. Häufig ist die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten aus persönlichen Gründen nicht mehr möglich. Auch Differenzen in Bezug auf die Ausrichtung oder Leitung der gemeinsamen Praxis können dazu führen, dass sich die Partner trennen möchten.
Im Grundfall der Auflösung einer zahnärztlichen BAG teilen die Gesellschafter die vorhandenen Wirtschaftsgüter (z.B. Inventar und Patientenstamm) untereinander auf und werden fortan in Einzelpraxen tätig. Die Partner nehmen insbesondere „ihre“ Patienten mit und lassen sich, unter Umständen auch in unmittelbarer Nähe zur ehemaligen Gemeinschaftspraxis, nieder. Im Steuerrecht bezeichnet man diesen Vorgang als Realteilung. Bei der Realteilung handelt es sich um einen Sonderfall der Betriebsaufgabe. Deren Zweck besteht darin, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge nicht mit Ertragsteuern zu belasten, wenn die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.
Zwar ist die Realteilung seit mehr als 20 Jahren in § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG gesetzlich geregelt, trotzdem waren lange nicht alle Fragen geklärt. Die sogenannte „echte“ Realteilung ist durch den auf der Ebene der BAG verwirklichten Tatbestand der Betriebsaufgabe, d.h. die Zerschlagung der BAG, gekennzeichnet. Eine „unechte“ Realteilung liegt hingegen dann vor, wenn auf Ebene der BAG gerade keine Betriebsaufgabe gegeben ist, sondern die BAG von den übrigen Gesellschaftern fortgeführt wird. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) in den letzten Jahren mehrere steuerzahlerfreundliche Urteile zur „unechten“ Realteilung erlassen hatte, gab die Finanzverwaltung schließlich nach und gestattet die Anwendung der Realteilungsgrundsätze auch in diesen Konstellationen.
Zwingende Voraussetzung der Realteilung ist die Übertragung der Wirtschaftsgüter aus dem Gesamthandsvermögen einer BAG in das Betriebsvermögen der Mitunternehmer („Realteiler“). Wichtig ist also, dass das übernommene Praxisvermögen wieder in einem steuerlichen Betriebsvermögen landet. Hierfür ist ausreichend, wenn erst durch die Übernahme einzelner Wirtschaftsgüter ein neuer Betrieb entsteht. Das übernommene Betriebsvermögen muss aber stets in das jeweilige Betriebsvermögen des einzelnen Realteilers übertragen werden. Bei der Mitnahme der eigenen Patientinnen und Patienten ist das in der Regel kein Problem, wenn Ausscheidende weiterhin niedergelassen tätig werden wollen.
Erläuterung (Kasten) Als wesentliche Betriebsgrundlagen sind in diesem Zusammenhang sowohl Wirtschaftsgüter der BAG anzusehen, in denen erhebliche stille Reserven ruhen (quantitative Betrachtungsweise) als auch Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung zukommt (funktionale Betrachtungsweise).
Übertragen werden können Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter, die dem Gesamthandsvermögen der BAG zugerechnet werden. Übernehmen Ausscheidende als Abfindung „ihre“ Patientinnen und Patienten in eine neue Einzelpraxis, löst das also keine Ertragsteuer aus. Der Patientenstamm wird meist mit Null Euro in den steuerlichen Büchern der BAG stehen – zu diesem Wert geht er dann auch auf Ausscheidende über. Im Falle einer überörtlichen BAG kann ein ausscheidender Gesellschafter auch einen ganzen Standort steuerneutral als „Abfindung“ mitnehmen, während die anderen Gesellschafter die BAG weiterführen.
Für den jeweiligen Übertragungsvorgang ist allerdings rückwirkend der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, soweit Einzel-Wirtschaftsgüter übertragen worden sind und Grund und Boden, Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb der Behaltensfrist veräußert oder in das Privatvermögen entnommen werden. Diese Frist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der BAG für den Veranlagungszeitraum der Realteilung. Die „Nachversteuerung“ soll eine gezielte Verlagerung stiller Reserven zur Vorbereitung eines Verkaufs oder einer Entnahme innerhalb kurzer Zeit nach der Realteilung verhindern.
Im Falle der Nachversteuerung wird der laufende Gewinn der BAG um die Differenz zwischen dem angesetzten Buchwert und dem gemeinen Wert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Realteilung erhöht. Dieser Gewinn ist grundsätzlich nach den im Zeitpunkt der Realteilung vorgesehenen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Realteiler zu verteilen. Von der Finanzverwaltung werden jedoch auch schriftliche Vereinbarungen akzeptiert, wonach die durch die Nachversteuerung ausgelöste Steuer von demjenigen Realteiler (allein) zu tragen ist, dem die schädliche Veräußerung bzw. Entnahme zuzurechnen ist.
Tipp: Bei einer Realteilung durch Übertragung von Teilpraxen ist die Behaltensfrist nach dem Gesetzeswortlaut unbeachtlich. Bei sog. Mischkonstellationen (z. B. Realteiler übernimmt einen Praxisstandort und einzelne Wirtschaftsgüter) ist der Anwendungsbereich der Behaltensfristregelung auf die überführten Einzel-Wirtschaftsgüter beschränkt.
Die Übertragung von Wirtschaftsgütern im Rahmen der Realteilung ist steuerlich anders zu würdigen, wenn ein sogenannter Spitzenausgleich gezahlt wird. Beträgt die Summe der Teilwerte des Praxisvermögens beispielsweise 1,5 Millionen Euro, müsste in einer aus drei Zahnärzten bestehenden BAG jeder Partner rechnerisch Wirtschaftsgüter mit einem Teilwert in Höhe von 500.000 Euro erhalten. Wird das Vermögen aber nicht quotal verteilt, wird der Partner, der weniger an Wert mitnimmt, eine Kompensation verlangen. In Bezug auf eine solche Ausgleichszahlung realisiert der Zahlungsempfänger einen anteiligen laufenden, steuerlich nicht begünstigten Veräußerungsgewinn. Im Gegenzug entstehen beim Zahlenden anteilige Anschaffungskosten, die in den nächsten Jahren steuermindernd abgeschrieben werden können.
Die Voraussetzungen der Realteilung im einkommensteuerrechtlichen Sinne sind für die umsatzsteuerliche Beurteilung nicht relevant. Das Umsatzsteuerrecht kennt insoweit keine Sonderregeln. Das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Übertragung von Vermögensgegenständen der Gesellschaft stellt ein tauschähnliches Geschäft dar: Die BAG tätigt Lieferungen, indem sie Vermögensgegenstände an den oder die Gesellschafter überträgt. Die Gegenleistung besteht in der Aufgabe der Gesellschaftsrechte durch die Realteiler. Damit ist die Übertragung des Gesellschaftsvermögens an die einzelnen Gesellschafter ebenso zu beurteilen wie der Verkauf des Gesellschaftsvermögens an Dritte.
Sachwertabfindungen unterliegen damit grundsätzlich der Umsatzsteuer, sofern sie nicht steuerbefreit sind. Bei Zahnarztpraxen ist insoweit die Vorschrift des § 4 Nr. 28 UStG zu prüfen. Dieser regelt eine Umsatzsteuerbefreiung für Lieferungen von Gegenständen, die ausschließlich für eine z.B. nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet wurden.
Erfüllen die dem Realteiler überlassenen Gegenstände allerdings die Voraussetzungen eines „Teilvermögens“ (Praxisstandort), ist der Übertragungsvorgang als sogenannte Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar (§ 1 Abs. 1a UStG). In diesem Fall wird also keine Umsatzsteuer ausgelöst.
Im Vorfeld einer Realteilung sollte eine steuerliche Beratung eingeholt werden, die auch eine Prüfung der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen umfasst. Einer der wichtigsten Aspekte in diesem Zusammenhang ist es, die Aufdeckung und Versteuerung von stillen Reserven zu verhindern. Als weiterer Kostenfaktor kann auch noch die Umsatzsteuer ins Spiel kommen. Insbesondere bei der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter sind eine steuerliche Beratung und klare Vereinbarungen im Rahmen der Auseinandersetzung der BAG unabdingbar.
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