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Veröffentlicht
01.04.2024
Aktualisiert
13.03.2025
Lesedauer
5 Minuten

Kostenlos oder vergünstigt behandeln

Unentgeltliche Zahnbehandlung ohne Nachteil

Es gibt immer wieder Situationen, in denen zahnärztliche Leistungen nicht oder nicht im üblichen Rahmen abrechnet werden. Vielleicht kommt eine mittellose Person zu Ihnen, die Hilfe ohne Gegenleistung benötigt oder Sie möchten Freunden und Familie ein wenig "Rabatt" gewähren. Grundsätzlich sind dabei steuerlich und rechtlich ein paar Punkte zu beachten, die ein Zahnarzt oder eine Zahnärztin kennen sollte.

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Recht und Verträge
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Kostenlose oder vergünstigte Behandlung ist z.B. für Bedürftige, Angehörige oder Freunde grundsätzlich möglich.
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Ausnahmeregelungen sind "gewinnneutral"

Obwohl ein Zahnarzt in der Regel in seiner Praxis keine kostenlosen Leistungen anbieten darf, da das Heilmittelwerbegesetz dies verbietet, ist für bestimmte Spezialfälle ein Ausnahmetatbestand zumindest in der Musterberufsordnung für Ärztinnen und Ärzte vorgesehen (MBO-Ä § 12 Abs. 2). Danach können Ärztinnen und Ärzte „Verwandten, Kolleginnen und Kollegen, deren Angehörigen und mittellosen Patientinnen und Patienten“ das Honorar ganz oder teilweise erlassen. Eine vergleichbare Regelung ist in der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer (MBO-BZÄK) zwar nicht 
enthalten, sodass bezüglich kostenfreier Leistungen eine Rechtsunsicherheit verbleibt. Es sollten hier aber die gleichen Grundsätze wie für Ärztinnen und Ärzte gelten.

Es steht freiberuflichen Zahnärzten oder Zahnärztinnen frei und auch gut zu Gesicht, aus sozialer Indikation vereinzelt Patienten und Patientinnen, die finanziell nicht 
in der Lage sind, eine erforderliche Zahnbehandlung adäquat zu bezahlen, unentgeltlich oder zu einem geringeren Honorar zu behandeln. Hieraus ergeben sich keine steuerlichen oder rechtlichen Nachteile. Auch in dem Fall, dass eine Forderung aus betrieblichen Gründen später erlassen wird, z.B. weil der Patient vermögenslos ist, handelt es sich nicht um eine Betriebseinnahme. Der Verzicht ist insoweit „gewinnneutral“, denn die Forderung selbst wird bei der Einnahme-Überschuss-Rechnung (EÜR; Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG) nicht gewinnerhöhend berücksichtigt. Zudem fehlt es an dem Zufluss des Rechnungsbetrags.

Davon zu unterscheiden sind Fälle, in denen aus familiären, freundschaftlichen oder beruflichen Gründen Leistungen nicht abgerechnet oder Honorare nachträglich (teilweise) erlassen werden. Besonders tückisch ist es, wenn der Patient nur bezahlen soll, was er von der Krankenversicherung oder Beihilfestelle erstattet bekommt, und der Restbetrag erlassen oder ein Empfehler kostenfrei behandelt wird.

Behandlung von nahestehenden Personen

Selbstverständlich können Sie als Zahnarzt oder Zahnärztin Angehörige oder Freunde unentgeltlich behandeln. Hier gibt es aber eine steuerliche Falle: Vereinbaren Sie die unentgeltliche Behandlung nicht bereits vor der Behandlung, so entsteht aus der durchgeführten Behandlung eine Honorarforderung, die Sie nachträglich erlassen. So sieht das zumindest der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 16.01.1975, IV R 180/71) mit der Folge, dass Sie das an sich angemessene Honorar als Praxiseinnahme versteuern müssen. Sie versteuern also Geld, das Sie gar nicht bekommen haben.

Kurz zum Hintergrund: Die Entstehung einer (Honorar-)Forderung wirkt sich bei der EÜR zunächst nicht gewinnerhöhend aus. Erst zum Zeitpunkt des Zuflusses des Forderungsbetrags (z. B. durch Überweisung) liegt eine Betriebseinnahme vor. Wird eine solche Forderung aus privaten Gründen erlassen, führt dies zu einer „Entnahme“ der Forderung. Zum Verzichtszeitpunkt muss der Forderungsbetrag dem Überschuss gewinnerhöhend hinzugerechnet werden, da ansonsten der betrieblich entstandene Gewinn der Besteuerung entzogen würde.

Besonders bedenklich sind Fälle, in denen die Leistungen zunächst wie üblich abgerechnet werden und die Übergabe der Abrechnung an den Bekannten mit der folgenden Bemerkung erfolgt: „Überweise mir einfach nur, was die Versicherung Dir bezahlt.“ Den aus privaten Gründen erlassenen (Teil-)Betrag muss der Behandelnde jedoch zum einen als Praxiseinnahme versteuern; zum anderen begeht der Begünstigte in vielen Fällen einen Betrug, weil Voraussetzung für die Kostenerstattung regelmäßig ist, dass ein bestimmter Prozentsatz von dem Versicherten selbst getragen wird.

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Vereinbarung zur kostenlosen Behandlung

Vereinbaren Sie vor der Behandlung und am besten schriftlich, dass die Behandlung kostenlos durchgeführt wird. Für eine solche Vereinbarung der Unentgeltlichkeit gibt es zwar kein Formerfordernis, die folgenden Angaben sollten aber enthalten sein:

  • Datum der Vereinbarung (spätestens der Tag der durchgeführten Behandlung),
  • Patientenname und Anschrift,
  • (kurzer) Satz zur Vereinbarung des Honorarverzichts (Beispiel: „Hiermit wird vereinbart, dass die Praxis XYZ für die Behandlung… [ggf. auch Verweis auf Behandlungsblatt] am … kein Honorar abrechnet.“),
  • ggf. Notiz für verwendetes Material oder entstehende Fremdlaborkosten (dann können Sie die Vereinbarung gleichzeitig auch als Buchungsbeleg für das zu entnehmende Material bzw. auszubuchende Kosten nutzen),
  • Unterschrift des behandelnden Zahnarztes und des Patienten.

Diese Vereinbarung sollten Sie vor jeder einzelnen unentgeltlichen Behandlung abschließen und in der Patientenakte ablegen. In diesem Fall müssen Sie nur das Material, das für die Behandlung benötigt wird, als Entnahme versteuern. Fertigen Sie dazu einen Eigenbeleg für Ihre Buchhaltung an (soweit nicht auf der Vereinbarung enthalten) und reichen Sie diese zusammen mit der Vereinbarung über die kostenfreie Behandlung zur Verbuchung ein. Damit vermeiden Sie die dargestellte Besteuerungsfalle.

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Behandlung von Empfehlern

Von einer unentgeltlichen Behandlung von empfehlenden Kollegen und Kolleginnen ist hingegen dringend abzuraten. 

Diese stellt in aller Regel eine Bestechung (§ 299b StGB) dar und hat darüber hinaus die steuerliche Folge, dass sämtliche Behandlungskosten beim Behandelnden nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG). Sowohl das SGB V als auch § 2 Abs. 8 MBOBZÄK enthalten das Verbot, für die Zuweisung von Versicherten ein Entgelt oder einen wirtschaftlichen Vorteil anzunehmen oder zu gewähren. In solchen Fällen besteht außerdem die Gefahr, dass ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wird. Diese Erfahrung machen zurzeit Verantwortliche des Deutschen Fußballbunds (DFB) im Zusammenhang 

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Spezialfall: Behandlung von Mitarbeitenden

Auch Mitarbeitende werden häufig unentgeltlich behandelt. Der Wert dieser unentgeltlichen Behandlungen gilt – abweichend von den vorstehenden Fällen – allerdings als Arbeitslohn (Sachbezug), für den Lohnsteuer und Sozialabgaben abgeführt werden müssen. Für solche Sachbezüge gewährt der Gesetzgeber einen Freibetrag von 1.080 EUR/Jahr (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG). Bei größeren Behandlungen kann es sich anbieten, diese auf mehrere Jahre aufzuteilen. Dazu ein typisches Beispiel: Die Zahnfehlstellung einer Mitarbeitenden wird mit Alignern behandelt. Patienten und Patientinnen zahlen für diese Behandlung üblicherweise 5.800 EUR. Die Mitarbeitende zahlt nur die zugelieferten Schienen (1.050 EUR). Beginnt die Behandlung beispielsweise Mitte 2024 und dauert 3 Jahre, so werden die Leistungen – und damit die Sachbezüge – über 4 Kalenderjahre verteilt erbracht. Der Freibetrag kann daher nicht nur im Jahr 2024, sondern auch in den nächsten 3 Jahren genutzt werden. Richtig gestaltet bleibt also die Behandlung komplett steuerfrei.

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