Praxen müssen sich nicht hoch verschulden, um zu wachsen. Insbesondere für größere Praxen gibt es spezielle Finanzierungsmodelle, die einerseits Wachstum ermöglichen und andererseits sicherstellen, dass die Inhabenden „flüssig“ bleiben und sich nicht übernehmen.
Bei Berufsausübungsgemeinschaften und MVZ-GmbHs ist es heute immer noch weit verbreitet, dass jeder Gesellschafter das einbringt, was an Einlage aus Erspartem möglich ist. Der restliche langfristige Kreditbedarf wird von der Gesellschaft durch einen Bankkredit abgedeckt wird.
Für diese Kredite haften bei einer BAG alle Gesellschafter und bei MVZ-GmbHs wird üblicherweise eine Bürgschaft der Gesellschafter von den Kreditinstituten gefordert. Dies bedeutet, dass jeder Gesellschafter für den gesamten Kreditbedarf allein in Anspruch genommen werden kann.
Wesentlich flexibler und risikoarmer für jeden einzelnen Gesellschafter ist, wenn nicht die Gesellschaft, sondern jeder Gesellschafter seinen Anteil am Kreditbedarf persönlich finanziert. Sein finanzielles Risiko ist auf die Rückzahlung nur dieses Kredites begrenzt. Er oder Sie haftet also nicht für den gesamten Kreditbedarf der BAG bzw. der MVZ-GmbH.
Außerdem kann die Kreditrückführung an die unterschiedlichen persönlichen Verhältnisse der Gesellschafter angepasst werden. Ein vermögender Gesellschafter kann seinen Anteil am Finanzbedarf schneller tilgen oder sogar ganz oder teilweise aus seinem Privatvermögen abdecken. Ein anderer Gesellschafter kann eine lange Laufzeit wählen, wenn er z. B. durch familiäre Verhältnisse eine schnellere Tilgung nicht stemmen kann.
Tipp: Wird die Finanzierung einer BAG in die Gesellschafterebene verlagert, so muss dies auch bei Entnahmerechten der Gesellschafter berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die Gesellschafter Zins und Tilgung dieser Kredite bedienen können.
Dr. Kiefer betreibt eine hochprofitable Praxis mit acht Behandlungseinheiten, DVT und moderner Einrichtung. Zusammen mit zwei angestellten Kollegen, einer Ausbildungsassistentin sowie zwei ZMP erzielt die Praxis jährlich 2,7 Mio. € Praxiseinnahmen und 700 T€ Gewinn. Dr. Kiefer hat sich auf Implantologie, sein Kollege Dr. Zahn auf die Endodontie spezialisiert. Der weitere Kollege und die Ausbildungsassistenz übernehmen die restlichen Versorgungen. Das Praxiskonzept ließe sich problemlos auf einen weiteren Standort übertragen.
Wachstumsschritt 1
Dr. Zahn möchte sich gerne an der Praxis von Dr. Kiefer beteiligen und nach einigen Gesprächen kommen sie auf die Idee, eine überregionale Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) zu gründen. Sie eröffnen in einer nahegelegenen Stadt einen 2. Standort mit dem Praxiskonzept von Dr. Kiefer. Dieser bringt seine Praxis steuerneutral in die üBAG ein. Dr. Zahn nimmt persönlich einen Gründerkredit (500 T€) auf. Er leistet davon eine Bareinlage in die üBAG, die in die Einrichtung des neuen 2. Standorts sowie die Erstausstattung mit Material fließt. Mit der Bewertung der Praxis von Dr. Kiefer (2 Mio T€) durch einen Sachverständigen sind beide einverstanden. Vom Gewinn erhalten beide vorab 25 % des von ihnen erwirtschafteten Honorars. Der Rest des Gewinns wird nach Vermögen verteilt.
Wachstumsschritt 2
Schon nach anderthalb Jahren läuft der 2. Standort profitabel und eine weitere Angestellte, Dr. Biss, wagt den Sprung in die Selbständigkeit und beteiligt sich nach gleichem Muster. Die üBAG mit den beiden gut laufenden Standorten wird inzwischen mit 3,5 Mio. € bewertet. Daran ist Dr. Kiefer mit 80% und Dr. Zahn mit 20% beteiligt. In die neue üBAG bringt die neue Kollegin Dr. Biss 500 T€ ein. Mit diesem Geld wird der dritte Standort eingerichtet. Der Wert der neuen üBAG beträgt damit 4 Mio. €. Dr. Biss wird mit 12,5 % an der üBAG beteiligt (500 T€ : 4 Mio. €). Spiegelbildlich „verwässert“ sich das Kapital von Dr. Kiefer auf 70 % (0,8 x 3,5 Mio. € : 4 Mio. €) und das von Dr. Zahn auf 17,5 % (0,2 x 3,5 Mio. € : 4 Mio. €).
Die Beteiligung von Dr. Kiefer ist 2,8 Mio. € wert, deutlich mehr als dieer seiner Einzelpraxis war (2 Mio. €). Er hat jetzt zwar nur noch ein Stück vom Kuchen (70%), aber der Kuchen ist insgesamt größer geworden (4,0 Mio statt 2,0 Mio). Dr. Kiefer ist also erfolgreich gewachsen ohne persönlich einen neuen Kredit aufnehmen zu müssen. Wenn das Konzept erfolgreich ist, können weitere Wachstumsschritte mit neuen Zahnärzten nach genau demselben Prinzip erfolgen.
Auch die Zukunft von Dr. Kiefer ist abgesichert. Es wird sich sicher ein Kollege finden, der seinen Anteil einmal zu einem angemessenen Preis übernehmen wird, wenn Dr. Kiefer aus dem Berufsleben aussteigen möchte. Die kollegiale partnerschaftliche Einbindung würde auch im Krankheitsfall den Fortbestand der Praxis sichern.
Bei einer unterstellten Bareinlage weiterer neuer Gesellschafter in Höhe von 500 T€ beträgt bei heutigem Zinsniveau und einer vollen Finanzierung (10 Jahre) der monatliche Kapitaldienst ca. 5 T€. Liegt der erwartete Gewinnanteil der „Neuen“ deutlich über dem Gehalt zzgl. 5 T€, ist auch für sieihn eine Beteiligung wirtschaftlich sinnvoll. Absolut erwarten die neuen Gesellschafter einer solchen üBAG in aller Regel auch einen Gewinnanteil der über dem Durchschnittsgewinn eines niedergelassenen Zahnarztes liegt.
Die Kunst diesesnachhaltigen Wachstumskonzepts liegt darin, dass nicht nur die Praxiseinnahmen steigen, sondern das Ergebnis tatsächlich überproportional wächst. Gelingt dies, so partizipieren alle beteiligten Zahnärzte an der hohen Rentabilität und der Wertsteigerung.
Dieser Beitrag ist auch beim Mehrbehandler-Magazin "teamwork" erschienen.
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