Hohe Abschreibungen verringern den zu versteuernden Gewinn einer Zahnarzt- bzw. Arztpraxis – ohne, dass Geld vom Bankkonto abfließt. Durch die geringere Steuerlast verbleibt also mehr Geld in der Praxis, mit dem sich etwaige Darlehen bedienen lassen. Endet die Abschreibungsphase, fällt dieser Steuervorteil weg. Da die Abschreibungsdauer in der Regel kürzer ist als der vereinbarte Tilgungszeitraum, muss das für die Tilgung notwendige Geld dann allein aus dem voll versteuerten Praxisgewinn durch die Praxistätigkeit erwirtschaftet werden. Wer in einer solchen Situation nicht frühzeitig gegensteuert, tappt in die Abschreibungsfalle.
Dr. Kiefer betreibt seit sechs Jahren ihre Zahnarztpraxis in einer mittelgroßen deutschen Stadt. Sie ist verheiratet und hat zwei schulpflichtige Kinder. Ihr Mann ist Künstler und kümmert sich tagsüber um die Kinder. Die Praxis hatte sie Anfang 2018 von ihrem Onkel übernommen und dafür 250 T€ als Kaufpreis bezahlt. Dieser wurde über einen zinsgünstigen Bankkredit mit einer Laufzeit von 10 Jahren finanziert. Die Mandantin erhält von Ihrem Steuer- und Unternehmensberater jedes Quartal einen umfassenden Bericht u.a. zu Praxiseinnahmen und Entwicklung des Kontostands.
Relativ schnell erwirtschaftet ihre Praxis angemessene Gewinne. Ihre Einnahmen liegen schon seit einigen Jahren im Durchschnitt einer westdeutschen Praxis.
Das Girokonto von Dr. Kiefer entwickelt sich allerdings seit zwei Jahren völlig anders: Trotz ordentlicher Gewinne bewegt sich ihr Kontostand konstant ins Minus, wie Grafik 2 veranschaulicht.
Dr. Kiefer ist sich sicher, dass sie nicht zu viel Geld entnimmt. Vor allem entnimmt sie nicht mehr als in den Vorjahren. Für den Lebensunterhalt ihrer vierköpfigen Familie gibt sie zwischen 60.000 € und 70.000 € pro Jahr aus. Das hält sie für durchaus angemessen. Dazu kommen noch Zahlungen an das Versorgungswerk, die Krankenversicherung und die Wohnungsmiete. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild:
Ihr jährlicher Gewinn liegt bei 200.000 €. Wohin verschwindet das restliche Geld, das den Kontokorrentkredit ihres Girokontos zunehmend belastet?
Um die Praxis zu übernehmen, hatte sie ein Bankdarlehen mit 10 Jahren Laufzeit aufgenommen. Für das erste Jahr war Tilgungsfreiheit vereinbart; die Zinsen des KfW-Kredites sind niedrig.
Der Wert der übernommenen Einrichtung hatte damals für den Kaufpreis kaum eine Rolle gespielt. Der Steuerberater hatte deshalb fast den gesamten Kaufpreis dem immateriellen Praxiswert zugeordnet und ihn auf fünf Jahre verteilt. Durch die Abschreibung des immateriellen Praxiswerts wurde der steuerliche Gewinn in den ersten fünf Jahren um 50 T€ pro Jahr gemindert. Die Steuerzahlungen fielen bis 2022 entsprechend niedrig aus. Nach Ablauf der fünf Jahre, also ab 2023, entfiel diese Gewinnminderung. Daher musste Dr. Kiefer ab dem sechsten Jahr mehr Steuern zahlen. Bei ansonsten vergleichbaren Einnahmen und Praxisausgaben hatte sie naturgemäß netto weniger Geld auf ihrem Konto. Die Tilgungen ihrer Darlehen flossen allerdings weiter von ihrem Konto ab (Grafik 3).
Durch die höheren Steuern ging mehr vom Konto ab, als die Praxis erwirtschaften konnte. Es reiche also nicht mehr, um sämtliche Lebenshaltungskosten und die Tilgung der Kredite zu bestreiten. Ihr fehlen seit 2023 rd. 16.000 € pro Jahr. Wie kommt Dr. Kiefer aus dieser Abschreibungsfalle wieder heraus?
Ihre Bank hat ihr angeboten, den Kontokorrentkredit mit den hohen Zinsen zu erhöhen. Dieses Angebot hält sich nicht für zielführend und lehnt es deshalb ab. Alternativ könnte sie natürlich bei ihren Lebenshaltungskosten einfach 16.000 € einsparen und sie damit um 23 % reduzieren. Sie verwirft die Idee schnell wieder, weil sie das ihrer Familie nicht zumuten will.
Erst eine Umfinanzierung mit Tilgungsstreckung kann ihr Problem nachhaltig lösen. Der verbliebene Hausbankkredit und der Kontokorrentkredit werden durch ein anderes Darlehen abgelöst. Die Tilgung wird so gewählt, dass sie auch bei Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards aus der Ertragskraft der Praxis bedient werden kann. Die Finanzierung läuft zwar etwas länger, aber Dr. Kiefer muss ja auch die hohen Kontokorrentzinsen nicht mehr zahlen.
Eine umfassende und langfristige Betrachtung aller Einnahmen und Ausgaben durch Ihren Steuer- bzw. Wirtschaftsberater macht insofern Sinn, als dass langfristige Verbindlichkeiten bereits auf einen Blick erfassbar sind. Nur so werden Sie nicht von Ihren Verbindlichkeiten “überrascht” und können rechtzeitig gegensteuern – bevor das Konto in die roten Zahlen rutscht. Für Dr. Kiefer ist die Sache so noch einmal glimpflich ausgegangen.
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