Verwahrentgelt

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Müssen Sie Negativzinsen akzeptieren?

Immer mehr Banken verlangen unter der Bezeichnung „Verwahrentgelt“ so genannte Negativ- oder Strafzinsen von ihren Kunden. Während das bei Neukunden längst an der Tagesordnung ist, muss diese Art der Gebührenerhebung mit Bestandskunden aber individuell vereinbart werden.

Verwahrentgelt bankeneinheitlich oder individuell

Die Schwelle für Strafzinsen sinkt. Ab welcher Guthabenhöhe ein Verwahrentgelt anfällt, ist von Bank zu Bank unterschiedlich: Eine Berufsbank verlangt ab 100.000 €, eine Großbank ab 25.000 € grundsätzlich ein Verwahrentgelt. Allerdings gibt es auch Institute, die „Working Capital“ vom Verwahrentgelt ausnehmen. Das heißt: Braucht eine Firma auf Ihrem Firmenkonto zum Beispiel 200.000 € in der Spitze, um nach Lohnzahlungen und Abführung laufender Steuern sowie Sozialabgaben nicht ins Minus zu geraten, zahlen Sie erst ab über 200.000 € Guthaben auf Ihrem Girokonto ein Verwahrentgelt.

Bankbetreuer haben offensichtlich wenig Spielraum 

Auch Unternehmerin Frau Groß hat von ihrer Bank ein Schreiben erhalten, in dem sie dazu aufgefordert wird, eine „Verwahrentgeltvereinbarung“ zu unterschreiben. Sie spricht ihren Betreuer bei der Bank darauf an. Als langjährige gute und treue Kundin der Bank sei sie verärgert, das Schreiben sei für künftige Geschäfte nicht förderlich. Ihr Betreuer scheint in dieser Frage allerdings unter extremem Druck zu stehen und wenig Verhandlungsspielraum zu haben. Da Frau Groß ihr gutes Verhältnis zur Bank nicht zu stark belasten möchte, stimmt sie der Vereinbarung nach einigem Zögern zu.

Keine Verpflichtung zur Zustimmung

Rein rechtlich muss man einem Verwahrentgelt zwar nicht zustimmen, inzwischen versuchen aber fast alle Kreditinstitute, mit ihren Kunden eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Die Frage ist natürlich, welche Konsequenzen es hat, wenn man dem nicht zustimmt. In der Presse wurde berichtet, dass einige Banken – wie eine regionale Bank in Düsseldorf – sehr rigoros auf eine verweigerte Zustimmung reagieren und die Bankverbindung einfach kündigen. Wie ihre Hausbank auf eine Ablehnung reagiert hätte, weiß Frau Groß nicht. Nach einer anderen Hausbank möchte sie sich (noch) nicht umschauen.

Verwahrentgelt für Praxiskonto steuerlich absetzbar

Wer ein Verwahrentgelt für Bankeinlagen im Privatvermögen zahlt, kann diese Belastung nicht steuerlich geltend machen. Seit der Einführung der Abgeltungsteuer können Anleger nämlich keine Werbungskosten bei der Geldanlage mehr absetzen. Der Gesetzgeber geht seitdem davon aus, dass solche Kosten mit dem Sparerpauschbetrag ausreichend berücksichtigt werden. Besser sieht es für Unternehmenskonten aus: Hier zählen Verwahrentgelte als sonstiger betrieblicher Aufwand zu den abzugsfähigen Betriebsausgaben und sind als „Nebenkosten des Geldverkehrs“ zu verbuchen.

Alternative Geldanlagen der Bank sorgfältig prüfen

Manche nehmen das Verwahrentgelt zum Anlass, in andere Anlagen zu investieren, um überhaupt noch eine – wenn auch geringe – Rendite zu erzielen. Die Verbraucherzentralen warnen in diesem Zusammenhang davor, dass die Banken statt einer bedarfsgerechten Beratung eher provisionsgeleitete Verkaufsgespräche führen und oft zu riskante, zu unflexible und meist zu teure Produkte anbieten: Bei vielen Anlageformen fallen Gebühren an, die das Verwahrentgelt deutlich übersteigen. Gute Geldanlagen sind wichtig und vermehren Ihr Vermögen auf Dauer. Sich aber nur deshalb für eine Alternative zu entscheiden, um dem Verwahrentgelt zu entgehen, ist das falsche Motiv.

Kontostand z.B. durch ETF-Sparplan im Griff behalten

Das Ganze hat bei Frau Groß ein Umdenken ausgelöst: Zum einen schichtet sie ihr Guthaben vom Privatkonto weitgehend auf das Unternehmenkonto um. Zum anderen lässt sie die monatlichen Geldüberschüsse auf ihrem Konto nicht mehr in unbegrenzter Höhe liegen. Allerdings achtet sie darauf, zumindest so viel Geld auf dem Girokonto zu belassen, dass absehbare Zahlungen wie Löhne, Miete etc., aber auch Steuern geleistet werden können, ohne mit dem Konto ins Minus zu gehen. Denn das ist noch teurer als ein Verwahrentgelt! Außerdem hat Frau Groß unabhängig vom Verwahrentgelt eine gute Entscheidung getroffen: Damit der Kontostand ihres Girokontos nicht weiter ansteigt, zahlt sie jetzt jeden Monat in ETF-Fonds ein. Sie hat einen Anbieter mit extrem niedrigen Gebühren gefunden.

Dieser Beitrag wurde zuerst in der QZ 11/2021 veröffentlicht.

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