Steuerstrategien bei der Übergabe einer Zahnarztpraxis an Familienmitglieder
Wenn Sie als Zahnarzt im Laufe Ihres Berufslebens eine florierende Praxis aufgebaut haben, wissen Sie besser als jeder andere, wie viel Schweiß und Engagement in diese Errungenschaft geflossen sind. Viele Zahnärzte haben den Wunsch, ihr Lebenswerk an die nächste Generation weiterzugeben, oft an ihre eigenen Kinder, die sich vielleicht ebenfalls für den zahnmedizinischen Beruf entschieden haben. Allerdings ist diese Übergabe kein einfacher Prozess. Neben den emotionalen Aspekten, die bei einer solchen Entscheidung immer eine Rolle spielen, sind es vor allem die finanziellen und steuerlichen Fragen, die sich hierbei stellen. Daher ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit der Thematik auseinanderzusetzen und Rat von spezialisierten Steuerberatern und Rechtsanwälten einzuholen, um eine optimal auf Ihre persönliche Situation abgestimmte, gesetzeskonforme Strategie zu erarbeiten.
Warum ist die steuerliche Planung so wichtig?
Ganz einfach, weil die Praxis in vielen Fällen noch immer einen wichtigen Bestandteil der Altersvorsorge darstellt. Sie hat über die Jahre hinweg einen beträchtlichen Wert angesammelt, und es ist nur logisch, dass Sie einen angemessenen Preis dafür erhalten möchten. Dabei sollten steuerliche Aspekte auf keinen Fall vernachlässigt werden, denn diese können einen erheblichen Einfluss auf die Rentabilität der Übertragung haben.
Die steuerlichen Auswirkungen hängen in erster Linie von der Art der Praxisübergabe ab:
Eine Möglichkeit besteht darin, die Praxis gegen Zahlung eines sofort fälligen Kaufpreises zu verkaufen. Dies ist die klassische Vorgehensweise und hat den Vorteil, dass Sie als Verkäufer sofort über den vollen Kaufpreis verfügen können.
Verkauf gegen Kaufpreisraten
Der Nachfolger zahlt den vereinbarten Kaufpreis nicht in einem Betrag, sondern in vertraglich vereinbarten festen Raten. Der Vorteil für den Käufer besteht darin, dass er (mitunter) nicht auf eine Fremdfinanzierung angewiesen ist. Nachteilig dabei ist jedoch, dass der Verkäufer vom Erfolg seines Nachfolgers abhängig ist. Das Ausfallrisiko kann durch eine Besicherung , z.B. über eine Hypothek, vermindert werden.
Die Praxis sollte möglichst nicht unentgeltlich übergeben werden. Die Gründe dafür sind vielfältig: Erstens kann ein Praxisverkauf dazu beitragen, Ihre finanzielle Absicherung im Ruhestand zu gewährleisten. Zweitens kann eine klare Vereinbarung über den Wert der Praxis in Form eines Kaufpreises dazu beitragen, spätere Konflikte zu vermeiden. Um sich über den Praxiswert klarzuwerden, sollte idealerweise ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben werden.
Die Praxis einfach im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge an die nächste Generation zu übergeben kann zu erheblichen steuerlichen Nachteilen führen und sollte daher vermieden werden. Stattdessen sollten Sie sich auf Modelle konzentrieren, die eine möglichst steuergünstige Übertragung der Praxis ermöglichen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Übergabe bzw. der Verkauf der Praxis gegen eine lebenslange Rente. In diesem Fall zahlt der Käufer einen bestimmten Betrag pro Monat oder pro Jahr, bis Sie als Verkäufer versterben. Diese Rentenzahlungen sind grundsätzlich steuerpflichtig, aber auch hier gibt es Möglichkeiten einer steuerlichen Begünstigung, wenn die Rente aufgrund von Alter oder Berufsunfähigkeit gezahlt wird.
Steuerlich können diese Rentenzahlungen entweder als entgeltlich oder als unentgeltlich (also als private Versorgungsleistungen) behandelt werden. Beide Varianten haben unterschiedliche steuerliche Auswirkungen, und es ist wichtig, diese zu verstehen, bevor Sie eine Entscheidung treffen.
Sie haben die Wahl
Ein voll entgeltliches Veräußerungsgeschäft liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung wie unter Fremden nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind. Diese Abwägung muss substantiiert dargelegt werden. Hilfreich ist eine professionelle Praxisbewertung.
Wird die Praxis gegen eine Leibrente veräußert, haben Sie als Verkäufer ein Wahlrecht: Sie können den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn sofort versteuern. In diesem Fall sind die unten dargestellten steuerlichen Begünstigungen für eine Betriebsveräußerung (Freibetrag, Tarifermäßigung) anzuwenden. Die in den Rentenzahlungen enthaltenen Ertragsanteile sind jeweils im Zuflussjahr zu versteuern.
Alternativ können die Rentenzahlungen insgesamt als nachträgliche Betriebseinnahmen behandelt werden. Dies hat zur Folge hat, dass ein Veräußerungsgewinn erst entsteht, wenn der Kapitalanteil der wiederkehrenden Leistungen das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers (zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten des Veräußerers) übersteigt. In diesem Fall werden die stillen Reserven also ratierlich aufgedeckt und (erst) versteuert, sobald das Kapitalkonto überschritten wird. Die in den Rentenzahlungen enthaltenen Zinsanteile stellen im Jahr des Zuflusses nachträgliche Einkünfte aus freiberuflicher Arbeit dar.
Hinweis: Das Wahlrecht kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn die Praxis gegen einen in Raten zu zahlenden Kaufpreis veräußert wird, wenn
- die Raten während eines mehr als zehn Jahre dauernden Zeitraums zu zahlen sind und
- die Ratenvereinbarung sowie die sonstige Ausgestaltung des Vertrags eindeutig die Absicht des Veräußerers zum Ausdruck bringen, sich eine Versorgung zu verschaffen.
Das Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung besteht hinsichtlich der wiederkehrenden Bezüge auch, wenn daneben eine Einmalzahlung vereinbart wurde. Die Kombination einer Einmalzahlung und wiederkehrender Bezüge kann im Hinblick auf die Nutzung des Freibetrags und der Tarifbegünstigung nach § 34 EStG vorteilhaft sein.
Hinweis: Weitere Kombinationen sind möglich und sollten duch fachkundige Beratung für Ihre Situation eruiert werden.
Übertragung von Vermögen gegen Versorgungsleistungen
Begünstigte Versorgungsleistungen sind wiederkehrende Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung – in der Regel zur vorweggenommenen Erbfolge – geleistet werden. Voraussetzung ist die Übertragung bestimmten Vermögens grundsätzlich kraft einzelvertraglicher Regelung unter Lebenden mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge. Liegen die Voraussetzungen vor, sind die Versorgungsleistungen beim Verpflichteten in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar und beim Berechtigten in vollem Umfang nach § 22 Nr. 1b EStG steuerpflichtig (Korrespondenzprinzip). Ertragsteuerlich wird eine unentgeltliche Übertragung des Betriebs angenommen, der Übernehmer führt die Buchwerte des Übergebers fort.
Steuerbegünstigung nutzen
Das Steuerrecht lockt einmal im Leben mit einem persönlichen Freibetrag und einer Tarifbegünstigung (sog. Halber Steuersatz), sofern der Abgebende über 55 Jahre alt ist. Um in den Genuss dieser Steuervergünstigungen zu kommen, muss er die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen Tätigkeit entgeltlich und definitiv auf einen anderen übertragen und seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Grundsätzlich darf der Veräußerer aber als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig werden. Er darf seine bisherige freiberufliche Tätigkeit auch geringfügig fortführen, ohne dass dies der Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung entgegenstehen würde.
Sorgfältige Planung ist entscheidend
Die Übergabe einer Zahnarztpraxis ist ein wichtiger Schritt, der sorgfältige Planung und Überlegungen erfordert. Die steuerlichen Aspekte sind dabei ein zentraler Punkt, der die finanzielle Zukunft des Praxisinhabers und des Nachfolgers beeinflussen kann. Mit einem klaren Verständnis der steuerlichen Auswirkungen, einer durchdachten Strategie und der richtigen Beratung kann der Prozess jedoch für alle Beteiligten von Vorteil sein und das Erbe einer Zahnarztpraxis für die nächste Generation sichern.
Die Wahl des richtigen Weges hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel der persönlichen finanziellen Situation, den zukünftigen Plänen und den Zielen des Praxisinhabers und des Nachfolgers.
Rechts- und Steuerberatung rechtzeitig hinzuziehen
Unabhängig vom gewählten Weg ist es entscheidend, eine detailierte und gründliche Planung durchzuführen, um eine reibungslose, finanziell günstige und rechtssichere Übergabe zu gewährleisten. Eine nachhaltige Planung erfordert eingehende Kenntnis der geltenden Gesetze und Vorschriften sowie ein Verständnis für die spezifischen Umstände des Praxisinhabers und des Nachfolgers. Daher ist es ratsam, die Hilfe spezialisierter Steuerberater und Rechtanwälte in Anspruch zu nehmen, um Gestaltungsoptionen beleuchten zu lassen, eine optimale, rechtssichere Strategie zu entwickeln und mögliche Stolpersteine auf dem Weg zu vermeiden. Für eine Rechtsberatung unterstützt Sie gern das Team von »Bischoff & Partner.
Fazit
Wie auch immer die Entscheidung für einen Ausstieg aus dem Berufsleben ausfällt: Auf jeden Fall sollte man sich mindestens zwei bis drei Jahre vor dem gewünschten Abgabetermin umfassend informieren.
Die Übergabe einer Zahnarztpraxis an ein Familienmitglied ist ein bedeutender Schritt, der sorgfältige Analysen und Planungen erfordert. Mit der richtigen Strategie sowie kompetenter Unterstützung von fachkundigen Steuerberatern und Rechtsanwälten wird dieser Prozess jedoch zu einer lohnenden Investition in die Zukunft. So kann das wertvolle Erbe einer Zahnarztpraxis erfolgreich in die Hände der nächsten Generation übergeben werden.
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Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in Quintessenz 2023 74(6)