Verlieren Arbeitnehmer, die sich nicht impfen lassen, den Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Corona-bedingter Quarantäne?
Arbeitnehmern, die Corona-bedingt arbeitsunfähig waren, stand bisher stets eine Entgeltfortzahlung nach § 3 I(EfZG) zu. Die ersten Bundesländer wollen ab Oktober nun für Ungeimpfte, die keinen medizinischen Grund vorweisen können, sich nicht impfen zu lassen, keine Verdienstausfallentschädigung bzw. Lohnfortzahlung mehr zahlen, wenn diese in Quarantäne müssen.
Die anstehenden Neuerungen bezgl. des Lohnersatzes während der Quarantäne von Ungeimpften werden im Ergebnis vielfach die Arbeitgeber finanziell belasten. Tangiert wird dabei jedoch lediglich die Quarantäneentschädigung. Lohnfortzahlung bei gleichzeitiger Krankheit oder unverschuldeter, vorrübergehender Verhinderung sind nach wie vor in Abhängigkeit von dem geschlossenen Arbeitsvertrag möglich.
Quarantäneentschädigung wird vom Bundesland gezahlt
Die übliche Entgeltfortzahlung, welche der Arbeitgeber bis zu 6 Wochen an den Arbeitnehmer zu zahlen hat, tritt nur ein, wenn der Arbeitnehmer „erkrankt“ ist. Eine Änderung der diesbezüglichen Rechtsgrundlagen fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bundes und kann nicht über die einzelnen Länderparlamente erfolgen.
Regelungen zum Infektionsschutzgesetz können allerdings die Länder bestimmen. Und das haben bzw. werden einige Bundesländer in Zusammenhang mit der Quarantäneentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz vornehmen. Schließlich wird nach bisherigem Recht die Quarantäneentschädigung, wenn jemand als Kontaktperson in Quarantäne geschickt wird und nicht im Homeoffice arbeiten kann, vom jeweiligen Bundesland und nicht vom Bund gezahlt.
Neuregelung im Infektionsschutzgesetz
Bisher hat bei einer angeordneten Quarantäne und der fehlenden Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, meist der Arbeitgeber zunächst den Lohn weitergezahlt und sich dann diese Entgeltfortzahlung als Quarantäneentschädigung vom Land zurückgeholt. Dass Ungeimpfte nun keine Quarantäneentschädigung mehr bekommen können, ergibt sich aus § 56 Abs. 1 S. 4 Infektionsschutzgesetz (»hier nachzulesen). Danach entfällt die Entschädigung, wenn das Verbot einer Tätigkeit unter anderem durch eine mögliche Schutzimpfung hätte vermieden werden können.
Da es aktuell eine öffentliche Impfempfehlung, wenn auch keine Impfpflicht, und ein für jeden zugängliches Impfangebot gibt, entfällt nach § 56 Abs. 1 S. 4 Infektionsschutzgesetz der Entschädigungsanspruch. Der Arbeitgeber kann sich demnach das Geld, was er an den Arbeitnehmer im Fall einer Quarantäne gezahlt hat, nicht vom Staat zurückholen.
Vorübergehende Verhinderung des Arbeitnehmers
Arbeitgeber können sich überlegen, ob sie im Falle einer Quarantäneanordnung gegenüber einem Mitarbeiter erst gar nicht den Lohn auszahlen. Auch wenn der Arbeitgeber natürlich nicht immer weiß, ob der Mitarbeiter tatsächlich ungeimpft ist. Wird jedoch keine Krankmeldung vorgelegt und teilt der Mitarbeiter darüber hinaus nicht mit, warum er nicht an seinem Arbeitsplatz erscheint, kann der Arbeitgeber vorerst die Lohnzahlung einstellen. Bei Arbeitnehmern, die daraufhin den Nachweis für eine Quarantäneanordnung vorlegen, kommt es auf den mit dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag an. Wurde in diesem die Gehaltsfortzahlung bei kurzzeitiger Verhinderung des Arbeitnehmers (»vgl. § 616 BGB) ausgeschlossen, muss der Arbeitgeber den Lohn nicht zahlen. Der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Zahlung des Gehalts. Ist diese Regelung vertraglich nicht ausgeschlossen, muss geprüft werden, inwiefern man dem Arbeitnehmer einen Verschuldensvorwurf machen kann, wenn er ungeimpft ist. Davon kann sicher keine Rede sein, wenn der Arbeitnehmer z.B. Vorerkrankungen hat, die eine Impfung ausschließen.
Arbeitsgerichtliche Entscheidung steht noch aus
Einen Verschuldensvorwurf zu erheben, dürfte jedoch für den Arbeitgeber generell schwierig sein, zumindest solange es hierzu noch keine arbeitsgerichtlichen Entscheidungen gibt. Prinzipiell besteht jedoch die Möglichkeit sich auf die öffentliche Impfempfehlung zu berufen, deren Nichteinhaltung zumindest den Vorwurf der leichten Fahrlässigkeit begründen kann. Das wäre juristisch zumindest vertretbar.
Steht dem Arbeitnehmer auch bei vorrübergehend unverschuldeter Verhinderung nach § 616 BGB Geld zu, ist diese Zahlung auf ca. 4 bis 5 Tage beschränkt und deckt daher im Regelfall nicht den gesamten Zeitraum der Quarantäne ab. Als Arbeitgeber kann man darauf hinweisen, dass eine angeordnete Quarantäne nicht nur 4 oder 5 Tage , sondern in der Regel 14 Tage dauert. Damit handelt es sich strenggenommen nicht um eine kurzzeitige Verhinderung.
Wer seinem Arbeitnehmer das Gehalt mit dieser Begründung nicht auszahlt, muss sich allerdings darauf einstellen, den Betriebsfrieden zu stören. Gegebenenfalls wird dies für den Arbeitgeber teurer, als das Gehalt während der Quarantäne weiterzuzahlen. Letztendlich ist es jedoch eine unternehmerische Entscheidung.
Klar ist aber: Sollte der Arbeitnehmer innerhalb der Quarantäne erkranken, erhält er Entgeltfortzahlung nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz. Erkrankt er allerdings an Corona, so ist wiederum fraglich, ob er dies Mangels Impfung nicht doch zu vertreten hat. Auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall setzt nämlich voraus, dass den Arbeitnehmer an der krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung kein Verschulden trifft. Allerdings können auch Geimpfte erneut an Corona erkranken, sodass hier der Nachweis des Verschuldens für den Arbeitgeber deutlich schwieriger sein wird, als bei der Quarantäneanordnung.
Es bleibt demnach abzuwarten, wie die Arbeitsgerichte zu den einzelnen Punkten entscheiden werden
Zur Frage, ob Arbeitgeber eine Impfpflicht verhängen können, gibt es bisher keine einschlägigen Urteile.
Unsere Empfehlung für den konkreten Fall
Da die Rechtslage nicht abschließend geklärt ist und es auch keine bundeseinheitliche Handhabung gibt, wird Arbeitgebern im konkreten Fall empfohlen, sich bei ihrer für das Infektionsschutzgesetz zuständigen Landesbehörde über die konkreten formellen Voraussetzungen zu informieren.